„Er sieht aus wie wir“, flüstert Kathy Bleitz und schaut liebevoll in das Gesicht ihres neugeborenen Sohnes. Es ist wohl einer der glücklichsten Momente in ihrem Leben, denn zum ersten Mal sieht sie ihr Baby. Was für viele selbstverständlich klingt, ist für Kathy eigentlich ein Wunder. Denn Kathy leidet an der vererbbaren Seherkrankung Morbus Stargardt. Sie ist daher fast vollständig blind. Mit der Brille von eSight ist jedoch ihr größter Wunsch in Erfüllung gegangen.

Kanadisches Start-Up gründet eSight

AI unterstützt bereits blinde Personen beim Erkennen ihrer Umgebung. Die kanadische Firma eSight geht noch weiter. Sie hat eine Brille entwickelt, die es Menschen mit einer Sehbeeinträchtigung möglich macht, zu sehen. Vor acht Jahren hatte Conrad Lewis aus Ottawa die Idee und gründete das Start-Up. Lewis‘ Schwestern leiden beide an Morbus Stargardt, einer vererbbaren Netzhauterkrankung. Diese tritt oft im Kindesalter auf. Mit der Zeit sehen die Betroffenen immer schlechter, Objekte im zentralen Blickfeld erkennen sie zunächst kaum noch deutlich, mit der Zeit sehen sie oftmals gar nichts mehr.

HD-Kamera und Prozessor steckt in der Brille

eSight sieht zwar aus wie eine futuristische Brille, ist aber eigentlich eher ein Headset, bei dem die NutzerInnen auf einen Bildschirm schauen. Das Gerät setzt sich zusammen aus einer HD-Kamera, die das aufnimmt, was im Blickfeld des Nutzers liegt. Diese Bilder werden an einen angeschlossenen, tragbaren Prozessor gesendet, dessen Algorithmen die Bilder bearbeiten. Abhängig von der Erkrankung und der damit einhergehenden Sehbeeinträchtigung wird z.B. die Kontraststärke des von der Kamera aufgenommenen Bildes künstlich erhöht. Die UserInnen sehen also durch eine Art indirekte Brille. Sie schauen auf einen Bildschirm und erkennen ein Bild, welches die HD-Kamera aufgenommen und der Prozessor für ihre Bedürfnisse optimiert hat.

eSight unterstützt bei verschiedenen Seherkrankungen

Die Brille lässt sich auf NutzerInnen und jede Situation individuell anpassen. So wie andere beispielsweise eine Brille zum Lesen und eine für Freizeitaktivititäten haben, genauso kann man auch mit eSight zwischen verschiedenen Einstellungen wählen. Etwa wenn man z.B. im grellen Sonnenlicht spazieren gehen oder im gedimmten Licht lesen möchte. Die individuellen Einstellungsmöglichkeiten ermöglichen es, dass Menschen mit verschiedensten Seherkrankungen eSight nutzen können. Dazu zählen Morbus Stargardt, diabetischer Retinopathie oder auch verletzungsbedingte Sehbehinderungen.

Bislang ist eSight nur in Kanada und den USA verfügbar. Die Kosten betragen 15.000 US-Dollar. „Jeder verdient es, sehen zu können“, das ist der Leitsatz des Unternehmens. Deshalb möchten sie die Brille durch Crowdfunding, staatliche Förderungen und Versicherungen für so viele Menschen wie möglich zugänglich machen.